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OpenStreetMap möchte seine Geodaten frei für jedermann nutzbar machen. Das heißt zum einen, dass die Daten kostenlos erhältlich sein sollen, zum anderen, dass die Daten kopiert und verändert werden dürfen. Eine kommerzielle Verwendung der Daten soll ebenfalls problemlos möglich sein. Um dies sicherzustellen lizenziert OSM seine Daten seit der Projektgründung unter den Bedingungen der CC-By-SA 2.0 Lizenz. Diese freie Lizenz fordert lediglich die Namensnennung des Urhebers und die Freigabe abgeleiteter Werke unter gleicher Lizenz, erschien damals also ideal. Mittlerweile existiert mit der Open Database License (ODbL 1.0, [1]) eine bessere Lizenz für OpenStreetMap.
In Diskussionen unter Projektteilnehmern stellte sich in den letzten Jahren zunehmend heraus, dass die CC-By-SA-2.0 Lizenz für OpenStreetMap keine gute Wahl ist [2]. Die Lizenzen der CC leiten den Schutz des Werkes für gewöhnlich aus dem Urheberrecht ab. Da OSM aber im Wesentlichen geographische Fakten sammelt, ist die Kreativleistung dabei nicht besonders hoch. Fakten und deren Sammlung unterliegen jedoch nicht in jedem Rechtssystem dem Urheberrechtsschutz. Das in Europa bestehende Datenbankrecht wird durch die CC-Lizenzen (noch) gar nicht berücksichtigt.
Praktische Probleme kamen dazu: Die CC-By-SA fordert bei Verwendung für jeden einzelnen Urheber eine Namensnennung. Urheber sind aber alle Mapper bei OSM, die in einem bestimmten Bereich gearbeitet haben. Folglich ist eine derartige Attribuierungsanforderung praktisch nicht mehr zu leisten, weil hunderte oder tausende von Nutzernamen aufgeführt werden müssten, sobald der Bereich (z.B. Deutschland) groß genug ist.
Ein weiteres Problem ist der Begriff des „abgeleiteten Werkes“ bzw. der „Abwandelung“, der in den Lizenzen verwendet wird. Es besteht unter Projektteilnehmern und Datenverwendern Unsicherheit darüber, was genau ein abgeleitetes Werk ist und was nicht, beispielsweise ob der Programmierer einer Smartphone-App, die Metadaten wie Restaurantkritiken mit Lageinformationen der betroffenen Restaurants verknüpft, dann auch die Metadaten unter CC-By-SA freigeben müsste. Denn erst der Status als abgeleitetes Werk bestimmt, ob eigene Änderungen an den Daten wieder freigegeben werden müssen oder nicht – für manche Firmen und Geschäftsmodelle eine existenzentscheidende Frage.
Die OpenStreetMap-Foundation (OSMF) gründete daher Ende 2008 eine Arbeitsgruppe („License Working Group“ bzw. „LWG“), mit der Aufgabe, die Lizenzsituation zu verbessern und ggf. eine neue Lizenz zu finden. Wichtig dabei war und ist, dass die Arbeit an den Lizenzierungsmodalitäten offen stattfindet, denn die Ergebnisse betreffen jeden Teilnehmer und Nutzer von OSM. Daher ist sichergestellt, dass die Teilnahme an der Arbeitsgruppe jeder interessierten Person offen stand. Über die üblichen Kommunikationskanäle im Projekt konnte auch über den Fortschritt und die Perspektiven der neuen Lizenz diskutiert werden, so dass sich auch Teilnehmer, die nicht direkt in der Working Group mitarbeiten wollten, einbringen konnten.
Da OSM ja bereits eine Creative Commons Lizenz hatte, hat die LWG sich zuerst an die CC gewandt, um gemeinsam eine Lösung für die spezielle Situation von Datenbanken auszuarbeiten. Diese Beratungen blieben aber ergebnislos und führten letztlich zu dem Vorschlag, die Datenbank im Sinne des Open Access Data Protocols freizugeben, was faktisch einer „Public Domain“ Lizenzierung gleichkommt und von vielen OpenStreetMap- Mitwirkenden nicht gewünscht wird.
Im nächsten Schritt begann die OSMF daher zusammen mit den Open Data Commons, einem Projekt der Open Knowledge Foundation, an einer komplett neuen Lizenz zu arbeiten.
Diese Zusammenarbeitet mündete in die Erstellung der Open Database License (OdbL). An der Erstellung waren maßgeblich die beiden einschlägig ausgewiesenen Juristen Jordan Hatcher und Charlotte Waelde beteiligt, die auch schon das Open Access Data Protocol für CC ausgearbeitet hatten.
Die ODbL behält die wichtigen Punkte der CC-By-SA-Lizenz bei (Namensnennung der Urheber, Share-alike), fasst diese aber genauer, gerade was Umsetzung und Umfang der Pflichten von Datennutzern angeht. Durch die Verwendung von Vertrags-, Datenbank- und Urheberrecht soll diese Lizenz für Datenbanken in einer größeren Zahl an Rechtssystemen Bestand haben.
OpenStreetMap hat damit eine Pionierrolle in der Entwicklung einer freien Share-Alike Lizenz speziell für Datenbanken eingenommen. In der Zwischenzeit haben auch schon andere Open-Data-Projekte begonnen, die ODbL zu verwenden [3,4]. Nach Fertigstellung der neuen Lizenz wurde in der OpenStreetMap-Foundation abgestimmt, ob die neue Lizenz für OSM übernommen werden soll. 89% der Teilnehmer bejahten dies, so dass die OSMF OSM nun auf die ODbL umstellen
Aktuelle Entwicklungen
Da die existierenden Daten in OpenStreetMap nicht ohne Zustimmung der Urheber, also der bei OpenStreetMap angemeldeten Teilnehmer neu lizenziert werden dürfen, rufen wir alle Mapper auf, in ihrem Account die eigenen Daten unter die neue ODbL-Lizenz zu stellen. Bereits seit Mai 2010 haben neue Benutzer bei ihrer Anmeldung automatisch zugestimmt, ihre Beiträge unter der ODbL zur Verfügung zu stellen. Seit April 2011 können existierende Benutzer, die der neuen Lizenz noch nicht zugestimmt haben, keine Daten mehr hinzufügen. Da die Umstellung auf die neue Lizenz also schon sehr lange läuft sind bereits heute bis zu 97% aller OSM-Daten in Deutschland unter den Bedingungen der ODbL verfügbar [6]. Weltweit sehen diese Werte ähnlich aus.
Trotzdem gibt es noch Projektteilnehmer, meistens aus der Frühphase des Projekts, die der neuen Lizenz noch nicht zugestimmt haben. Oft haben sie einfach noch nicht von der Lizenzumstellung gehört, z.B. weil ihre E-Mail-Adressen veraltet sind. Gerade diese
Mapper sidn aufgerufen, ihre Daten zu relizenzieren [7]. Ab dem Stichtag 1. April 2012 muss sonst mit der Entfernung der Daten gerechnet werden. Dies ist notwendig, da ausnahmslos alle Daten der ODbL unterliegen müssen, damit OSM seinen Gesamtdatenbestand unter dieser Lizenz verteilen darf. Im Moment wird noch an der Software gearbeitet um diese nicht neu lizenzierten Daten zu entfernen, weshalb der genaue Termin, zu dem die Altdaten gelöscht werden und der Lizenzwechsel damit vollzogen wird noch nicht fest steht. Es wird das zweite Quartal 2012 angestrebt, frühestens 1. April 2012.
Durch die neue Lizenz ändert sich praktisch wenig. Es handelt sich nach wie vor um eine Share-Alike-Lizenz im Geiste der CC-Lizenzen, ist aber speziell auf Datenbanken und die dort maßgebliche Rechtssituation zugeschnitten und berücksichtigt auch die international
verschiedenen Rechtssysteme. Außerdem werden die Rechte und Pflichten der Datenbanknutzer genauer gefasst [8].
Sollten sich Projektteilnehmer fragen wie sie ihre Daten unter die ODbL stellen können, auch wenn z.B. die damals angegebene E-Mail-Adresse nicht mehr existiert und sie ihr Kennwort vergessen haben, findet man weitere Informationen dazu unter [9] Wir freuen uns, dass unsere Daten durch den Lizenzwechsel in Zukunft hoffentlich noch besser und rechtlich sicherer verwendbar sind.
[1] http://opendatacommons.org/licenses/odbl/1.0/[2] http://www.osmfoundation.org/wiki/License/Why_CC_BY-SA_is_Unsuitable
[3] http://www.epsiplus.net/news/news/orebro_releases_geodata_under_odbl
[4] http://www.businessinsider.com/city-of-paris-opens-up-its-data-2011-1
[5] http://lists.openstreetmap.org/pipermail/osmf-talk/2009-December/000751.html
[6] http://odbl.de/germany.html
[7] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Bitte_melde_dich
[8] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Open_Data_License/Use_Cases
[9] http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Wie_kann_ich_trotzdem_zustimmen
Pressekontakt: Herr Roland Ramthun, Tel. +49 (0)651 20 65 069, e-Mail: osm@roland-ramthun.de